Vergiss das Gute nicht
Vorrat an erlebtem Glück und erfahrener Hilfe für Zeiten der Not
Von Gabriele Heppe-Knoche
Sie hat eine schwere Zeit hinter sich. Vor etwa einem Jahr wurde bei ihrem Mann eine schwere Krankheit diagnostiziert. Nur wenige Wochen später war er tot. Sie stand da mit den Kindern und musste sich völlig neu im Leben einrichten. Was würde jetzt mit dem kleinen Haus, das sie gemeinsam erworben hatten? Würde sie den Alltag alleine schaffen? Da gab es so viele Dinge, die immer ihr Mann erledigt hatte.
Manchmal hatte sie das Gefühl, alles würde über ihr zusammenschlagen. In dieser Situation, so erzählt sie mir, da habe sie bei einer Hochzeit im Bekanntenkreis dieses Wort aus Psalm 103 ganz neu gehört: „Lobe den Herrn meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“ Sie habe immer gedacht, das sei nur was für die Zeiten, wo man voller Leben ist. Lobe den Herrn, wenn alles gut läuft, wenn das Glück mit Händen zu greifen ist. Und zuerst, als sie es da in der Kirche gehört habe, habe sie so eine Bitterkeit gespürt und so etwas wie Hohn und Spott empfunden.
„Da fühlte ich mich plötzlich ... reich, reich beschenkt“
Aber dann habe sie an den zweiten Teil gedacht, an dieses: „Und vergiss nicht. Das habe ihr einen anderen Blick auf ihr Leben gegeben. „Seit mein Mann gestorben war, habe ich immer nur auf das sehen können, was ich verloren hatte. Meinen Partner, diese heile, unversehrte Familie, die mir immer so viel bedeutet hat“, erzählt sie. Aber dieses „Vergiss nicht“ habe sie dann auf das schauen lassen, was es an Gutem in ihrem Leben gibt und was bleibt, auch jetzt nach seinem Tod.
„Plötzlich stand alles vor mir. Meine Kinder und ihre Liebe und Fürsorge, so klein sie auch noch sind. Und dass ich einen Beruf habe, der uns finanziell absichert und mich dazu auch noch ausfüllt. Die Familie und gute Freunde, die unterstützen und helfen. All die Erinnerungen und die vielen guten Momente in meinem Leben kamen mir in den Sinn. Da fühlte ich mich plötzlich – bei allem Schweren, was hinter mir liegt – reich, reich beschenkt“, führt sie aus.
Ich spüre im Gespräch, wie diese Entdeckung etwas verändert hat in ihr. Das Alltägliche und Selbstverständliche, das wir oft nicht so bewusst wahrnehmen, entpuppt sich als ein Lebensschatz, von dem sie nun in schwieriger Lebenszeit zehren kann. Ein Vorrat an erlebtem Glück und erfahrener Hilfe. „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“
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